Montag, 16. April 2012

Rätsel & Geheimnisse III: eine unerforschte Schanze

schematischer Plan (Erinnerungsskizze). Die Nummer
auf den Fotos beziehen sich auf diesen Plan.
Die Rubrik "Rätsel & Geheimnisse" führt heute zu einer Erdschanze oberhalb der so gen. "Kronenburg" (Name nicht historisch; evtl. die ursprüngliche Schauenburg). Diese Erdschanze befindet sich ca. 300 m entfernt (geschätzt!) auf dem Scheitel des direkt auf die "Kronenburg" zulaufenden Hanges. Sichtbar ist ein Ringgraben, der ein inneres Plateau umläuft, ein kleiner Wall im Anschluss an den Graben (Ringwall, teilweise verschliffen) sowie ein gut erkennbarer Halsgraben zur Bergseite hin.



Auffallend ist, dass sich die Schanze am Hang befindet und nicht auf dem Gipfel. Die Angst vor einem Angriff "von oben" war offensichtlich begrenzt.
Mauerwerk ist nicht erkennbar (auch nicht anhand von Trümmern). Mehrere Steine auf dem nördlichen Wall könnten zwar auf eine künstliche Steinsetzung hindeuten, aber ebenso gut "natürlichen" Ursprungs sein (siehe Foto rechts).
Die Schanze ist deutlich der "Kronenburg" zugeordnet, die man in direkter Linie den Hangescheitel abwärts erreicht.
Höchst bedauerlich sind die jüngsten Zerstörungen durch einen Mountainbikeparcours mit aufgeschütteten Sprungschanzen, der die Anlage zerschneidet und in seinem Verlauf Gräben und Wälle eingeschliffen hat. Vor wenigen Jahren noch war dieses Bodendenkmal in erfreulich gutem Zustand, wovon heute keine Rede mehr sein kann!



Alter und Funktion der Schanze sind bis heute nicht bekannt. Gewagt sei an dieser Stelle die These, dass es sich hierbei um eine Belagerungsschanze der "Kronenburg" handelt - evtl. mit einer Blidenstellung.
Blidenstellungen finden sich bei viele Burgen als Zeugnisse einer Belagerung. Meist wurden sie in ca. 300 bis 500 m Entfernung oberhalb der belagerten Burg errichtet.
Typisch sind Wall-Graben-Anlagen, die oft nur mit Palisaden geschützt waren. Eine sehr schöne und sehr gut erhaltene Anlage befindet sich bei der Burgruine Wildenstein im Spessart (Beschreibung auf Website der Burgenfreunde). Auch hier muss man, um sie zu erreichen, nur dem Hangscheitel aufwärts folgen.


Gleich drei derartige Belagerungsschanzen finden sich bei der Burgruine Hohenstein im Elsaß auf benachbarten Bergen. Eine Anlage liegt 500 m entfernt und 50 m höher, die so gen. "Schwedenschanze" ist ca. 300 m entfernt und 100 m höher gelegen. Eine dritte Schanze in rund einem Kilometer Abstand gibt hingegen Rätsel auf, da nach heutigem Wissen die Entfernung für einen Blidenbeschuss zu groß war (vgl. Biller/Metz, Die Burgen des Elsass, Bd II: 1200 - 1250, Freiburg i. Br. 2007, S.273f).
Auch gegenüber der Burgruine Rheinberg (Wispertal) wurden Belagerungsschanzen errichtet. Sowohl die "Aachner Schanze" als auch die "Blidenecker Schanze" (Burg Blideneck) bieten schöne Anschauungsbeispiele. Nahe der Burg Zwingenberg im Neckartal wurde mit Burg Fürstenstein sogar eine komplette Gegenburg mit Blidenstellung errichtet. In diesem Fall handelte es sich jedoch nicht um Holzbauten, sondern um Steinbauten (Trockenmauern), die teilweise noch erhalten sind.

Sollte die These im Fall der Schanze über der so gen. "Kronenburg" zutreffen, muss die Burg in einen Konflikt verwickelt gewesen sein, in dessen Zuge sie belagert und evtl. sogar zerstört wurde. Eine spannende Frage.
Auch in Bezug auf andere Anlagen sollte die Möglichkeit einer Belagerungsschanze oder Blidenstellung bedacht werden. So ist etwa gegenüber der Schauenburg auf dem Sporenberg im Bereich des jetzt abgesprengten Bergrückens auf einem älteren Plan ebenfalls eine unbekannte Befestigung bzw. Schanze verzeichnet, die etwas höher lag und für einen Beschuss der Burg eine gute Position bot. Auch die so gen. "Schwedenschanze" bei Schriesheim liegt in gerader Linie dem Bergscheitel folgend oberhalb der Burgruine Strahlenburg. Zwar wird sie gemeinhin als eine Befestigung der Schweden im dreißigjährigen Krieg gedeutet, doch ist die Entstehung keineswegs sicher geklärt. Häufig handelt es sich bei einer "Schwedenschanze" um die volkstümliche Bezeichnung einer älteren Befestigungsanlage (siehe dazu den Artikel auf Wikipedia und das Beispiel der oben erwähnten "Schwedenschanze" bei der Burgruine Hohenstein).

Die Anlage vom erhöhten Hang aus
(alle Fotos: Dierk)
Das so gen. "Schanzenköpfle" (urkundlich nicht erwähnt) in gerader Linie oberhalb der Hirschburg bei Leutershausen, von dem noch Reste der polygonalen Ringmauer erhalten sind, soll nach Auswertung von Lesefunden durch A. Wendt eine turmlose Ringmaueranlage aus dem späten 12. Jhdt. gewesen sein (vgl.: Biller, Thomas, Burgen und Schlösser im Odenwald: Ein Führer zu Geschichte und Architektur, Regensburg 2005, S.87f.)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen